Captain America – Civil War von Anthony und Joe Russo: Die beste Comic Verfilmung bisher? Ein kritischer, vielleicht politischer Film? Nein, aber… (German)

Ich sah das jüngste Filmabenteuer der Marvel Studios zweimal – einmal in Deutsch und dann in der Originalginalfassung. Zwischendurch sah und las ich diverse Reviews, Diskussionen und so weiter im Internet bei Youtube und in den anderen Netzwerken. Und kritzelte meine eigenen Eindrücke irgendwo hin. Beim Aufräumen fielen sie mir wieder in die Hände. Und hier ist mein Zusammengekritzeltes (in leicht überarbeiteter Fassung):

Es handelt sich bei Civil War um den zweiten Captain America Film unter der Regie der Brüder Anthony und Joe Russo (nach Capitain America: The Winter Soldier von 2014)

In den USA ist man vor allem unter den Fans und bei den diesem Genre nahestehenden Kritikern (überwiegend) einer Meinung: Civil War ist die bisher beste Comic Verfilmung überhaupt. Und insbesondere ist man voll des Lobes darüber, dass sie sich eines ernsthaften Themas annimmt (nämlich der Frage, ob es moralisch / ethisch vertretbar ist, wenn selbsternannte Superhelden zum Richter und Vollstrecker werden und nach eigener Disposition Aktionen durchführen, bei denen Hunderte oder Tausende Unschuldiger ihr Leben verlieren.)

Die Antwort der Politik lautet: Nein. Ist es nicht.

Also präsentiert man den Avengers eine UN Resolution, wonach sich die Superhelden registrieren und der Autorität der UN unterwerfen mögen. Verweigerern wird jede weiter Betätigung als Superheld untersagt. Es droht der Superheldenknast.

Dies ruft natürlich unter den Avengers einen Disput hervor: Die einen – unter Führung von Tony Stark alias Iron Man – befürworten die Resolution, die anderen – mit Steve Rogers alias Captain America als Wortführer – weigern sich. Und schon ist er da, der Civil War unter den Superhelden.

Soweit so gut. Was hat mir am Film gefallen?

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Sehr gutes Drehbuch

Es gelingt den Autoren (Christopher Markus und Stephen McFeely) ausgezeichnet, die Vielzahl an bestehenden Charakteren des Marvel Cinematic Universe („MCU“) – (Captain America, Iron Man, Black Widow, Scarlet Witch, Ant Man, Falcon, Hawkeye, The Vision, War Machine und Bucky Barnes alias Winter Soldier) in dem Film unterzubringen und zwei neue (Peter Parker alias Spiderman sowie T’challa alias The Black Panther) einzuführen. Sie profitieren sicherlich hierbei davon dass Civil War an sieben vorherige Filme mit den MCU Charakteren anknüpfen kann (Iron Man I-III, Captain America I-II und The Avengers I-II) und somit einzelne Handlungsstränge aufnimmt und fortführt. Dennoch fällt auf, wie mühelos dies gelingt: Auch wenn natürlich Cap und Iron Man in gewissem Vordergrund stehen, bleibt allen Nebenfiguren ausreichend Raum und Screentime. Der Film ist an keiner Stelle überfrachtet und auch bei 148 Minuten Länge äußerst unterhaltsam.

 

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Gute Einführung von Spiderman und The Black Panther

Statt ellenlangen Origin Stories beschränken sich die Autoren auf das Nötige und in beiden Fällen gelingt das sehr gut und macht Lust auf mehr. Ein Wort zu Spiderman: Die Filmrechte an dieser äußerst populären Comic Figur musste Marvel – 1999 in finanzieller Bedrängnis – an Sony (für lächerliche sieben Millionen USD) verkaufen. Vor kurzer Zeit haben sich Marvel und Sony auf ein, sagen wir Spiderman Joint Venture geeinigt, wobei die Marvel Studios die Produktion und Sony den Vertrieb übernehmen. Insofern wird Spiderman in Civil War im MCU eingeführt und im Sommer 2017 erscheint mit „Homecoming“ das erste Marvel/Sony Spiderman Abenteuer in den Kinos.

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Guter Mix zwischen Action und Story

Bei vielen schwächeren Superhero Filmen besteht ein Ungleichgewicht zwischen Story und (im wesentlichen) computergenerierter (CGI) Action. Elend langes Gekloppe, aufgeregtes Umherfliegen und knallbuntes Feuerwerk ruinieren oftmals die in Ansätzen interessanten Stories. In Civil War hingegen stimmt der Mix, die Dosierung und die Verteilung der Action Sequenzen sehr gut. Dem Thema entsprechend hat man es auch tunlich vermieden, wieder mal ganze Städte und mehr dem Feuer zu unterwerfen oder dem Erdboden gleichzumachen. Die inzwischen bei den Fans berühmt gewordene „Airportszene“ (eine Actionsequenz gedreht am Flughafen Leipzig, bei dem Team Captain America und Team Iron Man sich gegenüberstehen) ist alleine schon den Kinobesuch wert. Natürlich nur wenn man so was mag…

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Was gefiel mir nicht so sehr? Eigentlich nicht viel, n’paar Kleinigkeiten vielleicht wie…

Kleine Unstimmigkeiten zwischen Drehbuch und Produktion

Eine Szene mit anschließender Auto – Verfolgungsjagd spielt angeblich in Bukarest, wurde aber in Deutschland gedreht (leicht erkennbar für den deutschen Zuschauer). Ich vermute mal, dass hier die Subventionen durch die deutsche Filmförderung oder das Product Placement der deutschen Automobilmarke ausschlaggebend war. Aber gut, Details…

Apropos: Das Ausmaß des Product Placements mit Fahrzeugen der VW Tochter Audi wirkte fast auf eine groteske Weise dick aufgetragen und störend. Der letzte Werbespot in den Kinos vor Beginn des Filmvorführung war natürlich auch ein Audi Werbespot, der Szenen aus dem Film verwendete. Bekanntlich funktioniert Product Placement am besten, wenn es subtil ist und vom Zuschauer eher unbewusst wahrgenommen wird. Das Gegenteil war hier der Fall…

 

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Fazit

Innerhalb des Superhelden Genres ist Civil War ein handwerklich und erzählerisch ausgesprochen guter Film. Der gute Mix aus Action und Story sowie die maßvolle Dosierung und ausgezeichnete Inszenierung der Kampfsequenzen machen ihn zu einem der besten Filmabenteuer, die das Marvel Cinematic Universe bisher lieferte. Tolles Popcorn Kino mit hohem Unterhaltungswert.

Aber: Insbesondere bei Comics „Nerds“ und den ihnen nahestehenden Kritikern ist ein regelrechter Hype entstanden über die Ernsthaftigkeit des Films, des Themas und der Fragen nach Ethik, Kollateralschäden und der Kontrolle von Superhelden. Ist Civil War letztendlich ein – sagen wir – politisch stellungnehmender Film?

Die Antwort ist: Nein.

Gut, das ist jetzt nicht wirklich überraschend. Zwar thematisiert Marvel’s Civil War die Fragwürdigkeit und die Kollateralschäden der Avengers Aktionen Eingangs des Films. Aber das macht hieraus natürlich noch lange keinen – sagen wir kritischen oder gar politischen Film. Auch der Disput unter den Avengers lässt sich natürlich nicht mit dem tiefgehenden Riss in der amerikanischen Gesellschaft in der Mitte des 19. Jahrhunderts vergleichen, der schließlich zum amerikanischen Bürgerkrieg von 1861 – 1865 führte (neben den Indianer-Kriegen die größte Tragödie der US Geschichte), auf den sich der Titel Civil War bezieht.

Also, eine wirkliche Tragödie gibt es bei Marvels Variante des Civil War nicht. Eher so was wie ‚Pack schlägt sich, Pack verträgt sich‘. Spätestens beim nachsten Avengers Film „Infinity War“ (geplant für 2018) wird sich der Disput wieder einrenken. Versprochen.

Aber ist es denn nun die bisher beste Comic Verfilmung?

Antwort auch hier: Nein.

Der beste Comic Film bisher bleibt meiner Meinung nach „Sin City“ von Robert Rodriguez und Frank Miller (2005, basierend auf Frank Millers Sin City Serie), gefolgt von Zack Snyders „Watchmen“ (2009, basierend auf dem gleichnamigen Comic Roman von Alan Moore und Dave Gibbons).

Dennoch ist Captain America: Civil War ein sehr guter und äußerst unterhaltsamer Film. Wenn man solche Filme mag, versteht sich.

(Hamburg, Juni 2016)

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